Eine tiefere Reise in ein oft missverstandenes Phänomen
PMS – Drei Buchstaben, die für viele Menschen mehr bedeuten als ein medizinischer Begriff. Sie stehen für eine stille, wiederkehrende Welle – manchmal sanft, manchmal stürmisch. Für ein inneres Aufbäumen, das sich nicht leicht in Worte fassen lässt. Für ein Gefühl, als ob Körper und Seele aus dem Gleichgewicht geraten – aber auch für eine tiefere Verbindung zum eigenen Inneren.
In unserer schnellen, leistungsorientierten Welt ist kaum Platz für diese zyklische Wahrheit. Dabei erzählt PMS eine Geschichte, die gehört werden will – nicht nur medizinisch, sondern menschlich. Dieser Beitrag will genau das tun: nicht Symptome zählen, sondern zuhören. Nicht heilen, sondern verstehen.
PMS: Ein Blick zurück durch die Zeit
Der Körper als Mythos
Schon vor Jahrhunderten beobachteten Menschen, dass Frauen sich im Rhythmus des Mondes verändern. Doch statt Verständnis ernteten sie oft Misstrauen. In der Antike galten diese zyklischen Veränderungen als mysteriös, ja gefährlich. Man sprach vom „überschüssigen Blut“, von „unreinen Tagen“, vom schwankenden Gemüt. PMS war noch namenlos, aber nicht namenlos war die Angst vor weiblicher Kraft, die sich dem männlichen Verstand entzog.
Im Mittelalter wurde das Blut heilig und schuldig zugleich. Frauen wurden aus Räumen, Gesprächen und Entscheidungen ausgeschlossen – nicht trotz, sondern wegen ihres Körpers. Und bis heute trägt PMS die Spuren dieser alten Erzählungen.
Der Schritt in die Moderne
Erst im 20. Jahrhundert erhielt PMS einen Namen – aber mit ihm kam die Schublade. „Premenstrual Tension“ nannte man das Ganze. Spannung, als ob etwas im Körper falsch gespannt wäre. Als wäre der weibliche Zyklus eine Abweichung, keine natürliche Bewegung. Und auch heute, im 21. Jahrhundert, wenn wir das Wort PMS hören – schwingt da nicht immer noch etwas Abwertendes mit? Ein müdes Augenrollen? Ein „Jetzt hat sie wohl wieder ihre Tage“?
PMS: Der Tanz der Hormone – und mehr
Ja, da ist die Biologie. Die Hormone. Der Abfall von Progesteron. Die Verschiebung im Serotoninhaushalt. All das ist real. Aber PMS ist mehr als ein biochemisches Ungleichgewicht. Es ist ein Erleben. Ein Aufbrechen. Ein Spiegel.
Manche erleben es kaum. Andere fühlen sich in dieser Phase wie ein anderes Ich. Wütender, trauriger, verletzlicher. Und dann wieder klarer, mutiger, durchlässiger. Der Körper spricht – aber wir haben verlernt, ihm zuzuhören. Stattdessen bekämpfen wir ihn. Oder schämen uns.
Was wäre, wenn wir ihn ernst nehmen würden? Wenn PMS nicht als Störung, sondern als Sprache betrachtet würde – als Botschaft des Körpers an uns selbst?
Gesellschaftliche Zuschreibungen: Zwischen Klischee und Kontrolle
Wenn Emotionen als Schwäche gelten
In einer Welt, die Rationalität zum Ideal erhoben hat, wird alles Emotionale schnell zur Gefahr. Frauen, die fühlen, gelten als „übertrieben“. Als „launisch“. PMS dient dabei allzu oft als Etikett, um echte Gefühle zu diskreditieren. „Ach, das ist nur PMS“ – wie oft hast du das schon gehört oder selbst gedacht?
Dabei zeigt PMS nichts anderes als das, was unter der Oberfläche längst brodelt: Überforderung, Ungleichgewicht, Unausgesprochenes. Der Zyklus bringt das ans Licht, was sonst im Schatten bleibt. Vielleicht ist das nicht das Problem – sondern ein Geschenk.
Sprache, die verletzt – oder heilt
Worte sind mächtig. Wenn wir von „leiden unter PMS“ sprechen, dann schwingt Mangel mit. Schwäche. Doch viele erleben PMS nicht als Krankheit – sondern als Teil ihrer zyklischen Natur. Vielleicht schmerzlich. Vielleicht unbequem. Aber auch: ehrlich. Roh. Echt.
Was wäre, wenn wir anders darüber sprechen würden? Wenn PMS nicht das „Problem“ wäre – sondern ein Wegweiser?
PMS und das System: Wenn Körper nicht in den Alltag passen
Unser Arbeitsleben kennt keine Zyklen. Es kennt Leistung. Und Uhrzeiten. Und To-Do-Listen. Doch der menstruierende Körper ist kein Uhrwerk. Er lebt in Wellen. Und manchmal bricht die Welle eben in der Woche vor der Periode – genau dann, wenn die Deadline ruft oder das Kind krank ist.
PMS macht sichtbar, was im Alltag unsichtbar bleibt:
Wir leben in einem System, das nicht für unsere Körper gemacht wurde. Und deshalb rüttelt es in uns. Laut. Drängend.
PMS hat viele Gesichter. Und alle verdienen Raum.
Schlusswort: PMS als Einladung zur Rückkehr zu uns selbst
Vielleicht ist PMS keine Störung. Vielleicht ist es ein Ruf. Ein Aufschrei unseres Inneren, gehört zu werden – nicht nur mit Tabletten, sondern mit Mitgefühl. Vielleicht erinnert uns PMS daran, dass wir keine Maschinen sind. Dass unsere Kraft nicht im Durchhalten liegt, sondern im Spüren. Und im Zulassen.
PMS ist nicht nur ein medizinischer Begriff. Es ist ein Ausdruck von Leben. Von Wandel. Von Weiblichkeit in all ihrer Widersprüchlichkeit.
Und wenn wir lernen, hinzuhören – wirklich hinzuhören – dann erkennen wir in PMS nicht den Feind, sondern eine Wahrheit, die uns näher zu uns selbst bringt.